Rundgang B: Kindheit in der Antike

Welche Rolle spielten Kinder in antiken Gesellschaften? Wie verhielt sich ihre Welt zu jener der Erwachsenen? Und wie wurden Kinder – in ihrer körperlichen Entwicklung und in verschiedenen Altersstufen – in der antiken Bilderwelt dargestellt? Der Rundgang macht sich auf die Suche nach antiken Realitäten und Repräsentationen von Kindheit.

B1 Die trauernde Familie

[IKA, Photo: Kristina Klein]

Inv.-Nr. 165

Grabrelief der Leukothea

Rom, Villa Albani 980
frühes 5. Jh. v. Chr.

Diese Stele diente im frühen 5. Jahrhundert v. Chr. zur Markierung eines Grabes, wahrscheinlich jenes einer Frau aus der Oberschicht. Sie wurde in Rom gefunden, aber der Stil lässt vermuten, dass sie wahrscheinlich in der östlichen Ägäis hergestellt und verwendet wurde. Wie sie allerdings nach Rom gelangte, bleibt unklar.

Als die Stele im 18. Jahrhundert erstmals untersucht wurde, bezeichnete man sie nach einer Meeresgottheit als 'Leukothea-Stele'. Allerdings gehen wir heute davon aus, dass die thronende Figur auf der linken Seite der Szene keine Gottheit zeigt, sondern einen Menschen, und zwar sehr wahrscheinlich die Verstorbene. Dafür spricht unter anderem das Kind in den Armen der Figur, aber auch der Korb, der unter dem Stuhl steht und der auf die Wollproduktion im Haushalt verweist.

Die Kinder auf der Stele sind dargestellt, als handle es sich um kleine Erwachsene. Gegenüber der Darstellung von Erwachsenen gibt es keine wesentlichen Unterschiede darin, wie die Gesichtszüge, der Körper oder die Kleidung wiedergegeben werden. Der einzige Aspekt, der sie als Kinder ausweist, ist ihre geringe Körpergröße. Dies ist typisch für die Wiedergabe von Kindern in der archaischen und klassischen griechischen Kunst.

Die Beziehung zwischen den Kindern und ihrer Mutter wird durch die Körperhaltung und die Gestik einfühlsam ins Bild gesetzt. Das jüngste Kind im Arm der Mutter streckt seine Hand zu ihrem Gesicht aus, während die älteste Tochter rechts vor einem Sklaven steht und sanft das Knie ihrer Mutter berührt. Die Zärtlichkeit aller Figuren der Szene macht sich trotz der Erhabenheit und der Förmlichkeit des Throns bemerkbar.