Büsten in den Sammlungsräumlichkeiten [IKA, Foto: Kristina Klein]

Ergänzter Abguss des Hermes von Olympia (Inv.-Nr. 102a) [IKA, Foto: Kristina Klein]

Friesplatten des Heroons von Trysa [IKA, Foto: Kristina Klein]

Modell des Diokletianspalastes von Split (Inv.-Nr. 955) [IKA, Foto: Kristina Klein]

Abgüsse in der Sammlung

In den mehr als 150 Jahren ihres Bestehens wuchs die Archäologische Sammlung auf über 1.200 Gipsabgüsse an. Zu ihren Beständen zählen Abgüsse rundplastischer Werke aus archaischer bis hellenistischer Zeit, griechischer Grab- und Weihreliefs, vornehmlich aus dem klassischen Athen und Attika, aber auch von Bauplastik griechischer Tempel von Kleinasien bis Sizilien und Unteritalien. Hinzu kommen zahlreiche Büsten, bei denen es sich um römische Porträts, römische Kopfrepliken griechischer Skulpturen, aber auch moderne Teilabgüsse handelt. Die Auswahl und der Ankauf der Gipsabgüsse waren wesentlich von dem Bemühen getragen, einen Querschnitt vor allem der griechischen Kunst zu schaffen. Damit repräsentiert die Archäologische Sammlung einen Kanon ‚klassischer‘ Kunst, der im 19. und teilweise noch 20. Jahrhundert an deutschsprachigen und anderen europäischen Universitäten als für das Fach verbindlich galt.

Die Abgusssammlung war und ist vornehmlich für die universitäre Lehre gedacht, manche Gipse spiegeln aber auch bestimmte Forschungsinteressen der Wiener Klassischen Archäologie wider. Dies gilt etwa für mehrere (Teil-)Abgüsse der 1877 in Olympia gefundenen Statuengruppe des Hermes mit dem Dionysos-Kind, die Otto Benndorf, der zweite Inhaber des Lehrstuhls für Klassische Archäologie, für seine Praxiteles-Studien beschaffte. Der wichtigste dieser Abgüsse, eine vollständige Reproduktion der Gruppe (Inv.-Nr. 102a), wurde 1881 aus Berlin erworben und in Wien an der Akademie der bildenden Künste durch Karl Schwerzek unter der Anleitung des renommierten Bildhauers Caspar von Zumbusch ergänzt. Der ergänzte Abguss zeigt somit eine historische Rekonstruktion der damals neugefundenen Statue, wie sie nur in Wien zu sehen ist.

Den Wiener Feldforschungen in Lykien in der heutigen Türkei, welche das Österreichische Archäologische Institut/Österreichische Akademie der Wissenschaften bis heute fortführt, verdankt sich ein umfangreicher Bestand an Abgüssen lykischer Bauplastik. Besonders prominent sind die Abgüsse vom sog. Heroon von Trysa, einem Monumentalgrab klassischer Zeit, von dessen Relieffries die Sammlung einen Großteil zeigt. Die originalen Platten demontierte Otto Benndorf 1882 mit Zustimmung der osmanischen Behörden und verbrachte sie nach Wien, wo sie sich heute im Ephesos Museum befinden. Die in der Universitätssammlung ausgestellten Abgüsse sind selbst historisch bedeutsam, da die meisten von ihnen für jenen Vortrag gefertigt wurden, in dem Benndorf 1882 den sensationellen Fund unter großem Beifall der Wiener Gesellschaft präsentierte. Der Kleinasiensaal der Sammlung zeigt zudem Abgüsse vom Fries des sog. Heroons von Limyra und von Reliefs aus Xanthos sowie drei Modelle monumentaler Bauten aus Limyra, nämlich vom genannten Heroon, dem Ptolemaion und dem Kenotaph des Augustus-Enkels Gaius Caesar. Im Rahmen der Lykien-Ausstellung 1889/90 auf der Schallaburg gezeigt, beruhen die Modelle auf den Grabungsergebnissen von Jürgen Borchhardt und wurden von einem Dozenten der Universität für angewandte Kunst hergestellt.

Bedeutsam für die Fach- und Wissenschaftsgeschichte sind schließlich mehrere Architekturmodelle, die als Lehrbehelf dienten. Zu diesen zählt ein 1896 erworbenes Gips-Holz-Modell einer Ecke des Athener Parthenon (Inv.-Nr. 721), das der Wiener Bildhauer Veit Matauschek nach einem Entwurf des Architekten und Bauforschers George Niemann anfertigte und das teilweise auseinandergenommen werden kann. Auf Matauscheks Werkstatt und Niemanns Bauforschungen geht zudem ein Modell des Diokletianspalastes von Split (Inv.-Nr. 955) zurück, das von der Akademie der bildenden Künste 1935 in die Universitätssammlung übernommen werden konnte. Historisch interessant sind gleichfalls die Modelle griechischer Säulenordnungen (Inv.-Nr. 43–50) sowie Rekonstruktionen der beiden Giebel des Zeus-Tempels von Olympia (Inv.-Nr. 600, 601) und der Parthenon-Giebel (Inv.-Nr. 702, 779), wobei letztere von Karl Schwerzek stammen.