Inv.-Nr. 791

Weißgrundige Lekythos aus Athen

Zuschreibung an Vogel-Maler (nach J. D. Beazley)
Zweite Hälfte des 5. Jh. v. Chr.

In dieser Vitrine befindet sich eine originale Vase aus dem klassischen Athen, die zur Gattung der sog. weißgrundigen Lekythen gehört. Vasen dieser Form und Gestaltung wurden in Athen meist als Grabbeigaben verwendet. Sie zeigen oft die Seele oder den Geist einer verstorbenen Person am eigenen Grabmal, aber auch Hinterbliebene, die am Grab Gaben niederlegen oder Klagegesten vollziehen.

Auf unserem Gefäß streckt ein männliches Kleinkind in einer ergreifenden Geste seinen Arm zu einer Grabstele aus, sichtlich aus Sehnsucht nach der toten Mutter. Der Geist seiner Mutter beobachtet das Kleinkind traurig von der anderen Seite der Stele. Zwischen den Figuren befindet sich die Stele, deren Schmuck die fortwährende Pflege des Grabes durch die hinterbliebene Familie anzeigt.

Das Kind mit seinen rundlichen Gliedmaßen und fülligen Körperformen ist naturalistisch dargestellt. Die Trauer von Kind und Mutter über ihre Trennung ist ergreifend und lässt in emotionaler Weise erkennen, wie menschliche Beziehungen in der griechischen Antike visualisiert werden konnten. Die kleine Größe der weißgrundigen Lekythen und ihre intime Funktion im Grabkontext ließen zu, Emotionen manchmal persönlicher und ‚direkter‘ zu zeigen, als dies für Darstellungen größeren Formats bzw. für öffentlich sichtbare Grabmonumente wie Stelen gilt. In der Antike wie auch in der Gegenwart unterscheiden sich Darstellungen häufig je nach künstlerischem Medium.

Diese weißgrundige Lekythos ist eine von rund 4.000 originalen antiken Objekten in unserer Sammlung. In den Glasvitrinen an verschiedenen Stellen der Abgusssammlung können Sie weitere Beispiele aus der Originalesammlung besichtigen. Die Mehrheit dieser Objekte befindet sich aber sicher verwahrt in einem eigenen Originaleraum.