Rundgang C: Kleidung und Nacktheit in der Antike

Wie lässt sich die soziale Dimension des Bekleidens, Ausziehens und Nacktseins fassen? Was bedeutet es, nackt zu sein? Die Antwort hängt davon ab, wer man ist und in welcher Situation man sich befindet.

C4 Sexualisierte weibliche Nacktheit

[IKA, Photo: Kristina Klein]

Inv.-Nr. 1393

Statue der Aphrodite (sog. Kauernde Aphrodite)

Rom, Vatikanische Museen 815
römische Kopie aus dem 2. Jh. n. Chr. nach einem griechischen Original um 260 v. Chr.

Diese Statue der Aphrodite, der Göttin der Liebe und des Sex, spielt ein komplexes Spiel des Verbergens und Enthüllens mit den Betrachtenden. Was sieht man von der nackten Haut der Göttin? Was kann man nicht sehen? Will sie, dass die Betrachtenden mehr oder weniger zu sehen bekommen? Abhängig von der Position, aus der Sie die Statue betrachten, eröffnen sich verschiedene Perspektiven.

Aphrodites Pose zeigt eine Frau, die wir während des Badens ertappen. Sie geht in die Hocke, um sich zu waschen oder aber um ihren Körper vor Blicken zu schützen. Die Pose soll anregen und erregen – sie enthüllt gerade genug, um das Interesse der Betrachtenden zu wecken, aber sie verbirgt sich zugleich, um die Aufmerksamkeit zu fesseln.

Die schüchterne und doch verführerische Gestalt bedient ein Ideal weiblicher Sexualität als etwas, das entscheidend durch männliche Blicke und männliche Macht bestimmt ist. Die Skulptur spitzt einen Moment zu, in dem Aphrodite eher passiv als aktiv wirkt und in dem sie hilflos dem Blick – und damit der Verfügbarkeit – der Betrachtenden ausgeliefert ist. Das Wichtigste an Aphrodite (und damit an der idealisierten weiblichen Sexualität) liegt nicht darin, was die Frau tut oder was sie kann, sondern schlicht im Umstand, gesehen zu werden.

Der Abguss gibt eine Skulptur wieder, die sich heute in den Vatikanischen Museen in Rom befindet, aber ursprünglich in der Nähe von Split im heutigen Kroatien gefunden wurde. Es handelt sich um die römische Kopie eines hellenistischen Statuentyp, der als "Kauernde Aphrodite" bekannt ist. Zahlreiche antike Repliken dieses Statuentyps sind überliefert, etwa aus ganz Italien, von der Insel Rhodos und aus dem französischen Vienne. Der Typ wird oft mit einer Passage bei Plinius (nat. hist. 36,4) in Verbindung gebracht, der sie dem Bildhauer Doidalses zuzuweisen scheint. Allerdings ist diese Passage problematisch und somit bleibt ungewiss, wer das ursprüngliche hellenistischen Werk schuf.

Die Kauernde Aphrodite ist nicht das einzige Beispiel weiblicher Nacktheit, das wir in der antiken Welt finden. Um ein gegenteiliges Beispiel zu sehen, gehen Sie in das Kellergeschoss, wo Sie die Darstellung von Amazonen auf dem Fries des Maussolleion von Halikarnassos betrachten können (ebenfalls Teil dieser Tour).