Rundgang C: Kleidung und Nacktheit in der Antike
Wie lässt sich die soziale Dimension des Bekleidens, Ausziehens und Nacktseins fassen? Was bedeutet es, nackt zu sein? Die Antwort hängt davon ab, wer man ist und in welcher Situation man sich befindet.
C3 In fremde Rollen schlüpfen
Inv.-Nr. 824
Sog. Menanderrelief
Rom, Vatikanische Museen 9985
erste Hälfte des 1. Jhs. n. Chr.
Kleider können Kostüme sein, eine Form von Verkleidung, die wir an- und ablegen, wenn wir in verschiedene soziale Rollen schlüpfen. Bei diesem Relief gilt das wortwörtlich: Es zeigt zwei Figuren mit drei Masken mit karikierten Gesichtsausdrücken, wie sie im antiken Theater Verwendung fanden. Der Abguss beruht auf einem Relief aus der römischen Republik oder frühen Kaiserzeit, das gemeinhin als Darstellung des Dramatikers Menander verstanden wird. Menanders Komödien entstanden in hellenistischer Zeit in Athen, waren jedoch auch in Rom sehr beliebt.
Menander sitzt auf der von uns aus gesehen linken Seite der Szene; er ist nackt bis zur Taille und betrachtet eine Theatermaske in seiner Hand. Vor ihm auf dem Tisch liegen zwei weitere Masken, rechts steht eine weibliche Figur, die meist als eine der Musen gedeutet wird. Die Szene wird gerne so verstanden, dass sich Menander hier sowohl von den Masken als auch von der Muse inspirieren lässt.
Das Theater war in der griechischen wie auch in der römischen Gesellschaft eine wichtige Institution, die nicht nur der Massenunterhaltung diente. Vielmehr war das Theater der Ort politischer Satire und Kritik, aber auch philosophischer Betrachtungen über das Verhältnis von Familie, Gesellschaft und individuellen Ambitionen. Wie wir im Verlauf dieser Tour sehen, lässt sich Kleidung aber insgesamt als Kostüm begreifen – oder wie Shakespeare es formulierte: "Die ganze Welt ist eine Bühne."