Rundgang C: Kleidung und Nacktheit in der Antike

Wie lässt sich die soziale Dimension des Bekleidens, Ausziehens und Nacktseins fassen? Was bedeutet es, nackt zu sein? Die Antwort hängt davon ab, wer man ist und in welcher Situation man sich befindet.

C6 Durch die Kleidung hindurchsehen

[IKA, Photo: Kristina Klein]

Inv.-Nr. 97

Nereide vom sog. Nereidenmonument in Xanthos

London, British Museum 1848,1020.83
frühes 4. Jh. v. Chr.

Kann man bekleidet und zugleich unbekleidet sein? Kann Kleidung manchmal mehr enthüllen als verdecken? Diese lebensgroße Statue, die eine Nereide (Wassernymphe) darstellt, zeigt eine vollständig bekleidete Figur, doch die Leichtigkeit des Stoffes und die Bewegung der Kleidung überlässt wenig nur der Vorstellungskraft.

Das fließende Gewand erinnert an das nasse Reich der Nereiden, aber es lenkt auch die Aufmerksamkeit auf den bewegten Körper. Erfasst im Moment anmutigen Springens oder Laufens, haftet das Gewand am Körper der Nereide, sodass wir durch den Stoff hindurch die Konturen ihrer Beine, des Rumpfes und ihrer Brüste erkennen können. Die feine Handwerkskunst fängt die dynamische Kraft dieser Szene ein.

Der Abguss wurde anhand einer Skulptur angefertigt, die einst das sog. Nereidenmonument schmückte, ein Monumentalgrab aus Xanthos in Lykien im Südwesten der heutigen Türkei. Das Grab wurde im frühen 4. Jahrhundert v. Chr. für den lykischen Dynasten Arabinas erbaut, der die Region unter der Oberhoheit der Perser teilautonom regierte. Das Monument hatte die Form eines Naiskos, eines Mini-Tempels mit Säulen und einem Giebel, und stand auf einem mächtigen Sockel. Die Statue fand ihren Platz wohl im Säulengang des Naiskos. Weitere Beispiele von der Bauplastik des Nereidenmonuments, darunter die Reliefplatten, die die Basis des Grabbaus schmückten, können Sie an den Wänden des Saals unserer Sammlung betrachten.